Texte

Tai Chi spielen mit der Katze, Paint S app, 2019.
Tai Chi spielen mit der Katze, Paint S app, 2019.

zur Praxis

Anfängergeist

Es wird oft die Frage gestellt was der Unterschied zwischen Anfängern und Fortgeschrittenen ist. Es kann jede*r in jeden Unterricht gehen und lernen, auch ohne Vorkenntnisse. Im Tai Chi Chuan geht es um eigene innere Entwicklung und ich selbst meine dass Menschen sehr gut von einer Gruppe profitieren die schon gemeinsam in Harmonie durch die Form gehen kann. Dies gilt umgekehrt ebenso: wer sich in der Form schon alleine bewegt kann viel lernen, wenn er mit Anfängern zusammen übt. Wer Tai Chi übt lernt niemals aus und kann in einer kleinen Bewegung immer Neues entdecken. Die Bewahrung des Anfängergeistes ist im Tai Chi Chuan sehr erstrebenswert. Für einen Anfänger ist alles neu, er nimmt die Dinge unvoreingenommen war und hat keine Vorlieben welche anderes hintenanstellen. Daher ist es für alle Tai Chi Chuan-Übende von Vorteil jeden Tag als Anfänger zu beginnen, unabhängig vom schon Gelernten. Aus diesem Grund sind die Bezeichnungen Anfänger und Fortgeschrittene ein Zugeständnis an den herrschenden Zeitgeist. Wer Tai Chi Chuan lernen möchte und sich hinsichtlich der Gruppendynamik unsicher ist, ist herzlich eingeladen im Gespräch eine erste Sondierung vorzunehmen.

 

Die Prinzipien

"After Sun Lutang had learned the boxing arts of Xingyi, Bagua, and Taiji, he feared that with the passage of time their genuineness would be lost. Thus he has produced this book, relating the essential ideas of previous generations of teachers as to give them free rein. After he completed the manuscript, he told me to write a preface for it.

 

     These three boxing systems are fundamentally the same in concept. Most emphasize using strength to defeat an opponent, thereby corrupting their own essential source. But by not seeking to defeat your opponent, your spirit is in motion and the mechanics of your movement are rounded, rendering the opponent incapable of defeating you. Your source thus remains pure, and by being pure, your skill conforms with the Way. Indeed, Sun’s books all conform with the messages of Daoism.[...] - written by Chen Zengze (Weiming) of Quishui ( in Hubei), December, 1923"

 

"The Way is the root source of the passive and active aspects, and is the essence of all things. When the Way was not yet expressed, it was suspended in the Void, and since the Way was expressed, it has been flowing within all things. [from Mengzi, chapter 3a:] “The Way is One, and that is all.” In Nature it is called “fate”. In people is called “nature”. In things it is called “principle”. In boxing arts it is called “internal power”, hence the “internal” schools of boxing arts, in which there are the three systems of Xingyi, Bagua, and Taiji."

 

" The methods of these three boxing systems begin with the principle of oneness, divide from there into the three distinct branches, then end up united again in the principle of oneness. Each of the three systems has its own way of oneness: Xingyi Boxing’s sincerity is a pure oneness, Bagua Boxing’s infinity of techniques is a returning to oneness, and Taiji Boxing’s embracing of original nature is a maintaining of oneness. It was said by men long ago [Laozi – Daodejing, chapter 39 / Zhuangzi, chapter 12]: “The sky obtains oneness by being clear. The ground obtains oneness by being firm. Man obtains oneness by being smart.” / “Obtaining the One, all things are accomplished.” The principle of the three systems is always to begin in emptiness and to end in emptiness.  [...]– written by Sun Fuquan of Wan County, Hebei, 1923

 

Auszüge aus:  拳意述真 AUTHENTIC EXPLANATIONS OF MARTIAL ARTS CONCEPTS

孫福全 by Sun Fuquan [Lutang] [published March, 1924] [translation by Paul Brennan, April, 2013]

zur Theorie

Daodejing

Tai-Chi ist die Praxis des Daoismus, dessen Haupttext das Daodejing ist.[1] Ein Text dessen Ursprung nicht wirklich bekannt ist und als dessen Verfasser als Laotse genannt wird.

Wenn Tai Chi in der Form geübt wird, geht die Energie, die Aufmerksamkeit vom Inneren ins Außen und wieder zurück. Dabei wird die Bewegung nach außen, als auch die nach innen nie bis zum Äußersten ausgeführt. Bevor die Bewegungsrichtung physikalisch - energetisch „ausläuft“ entsteht in ihr der Impuls zu einer Umkehr. In der Richtungsenergie entsteht die gegenläufige Richtung von alleine, dadurch dass ich beim Tai Chi üben in Richtung des Bodens "einsinke", entsteht im letzten Abschnitt der Bewegung der Impuls des noch oben Gehens als ein Wandlungsimpuls. Die Grundhaltung des Daoismus, die beobachtbaren Lebensgesetze der steten Wandlung zu respektieren geht einher mit dem Weg, diese zu pflegen und sich dadurch in Harmonie mit der Welt zu befinden. Die Harmonie entsteht durch Akzeptanz, Mitfließen und das Meiden von Extremen, da diese sich an ihrem äußerstem Punkt durch Zerstörung wandeln. [2] Durch die stete Wandelbarkeit, dem Grundverständnis des "nichts bleibt wie es ist", lässt sich sowohl die Praxis als auch die Theorie des Daoismus nie wirklich erfassen. Erkennen kann man das schon an den unterschiedlichen Übersetzungen. In einem Laotzi-Seminar erzählte mir der Dozent (Dr. der Sinologie, Philosoph) dass auch in China die Verschriftlichungen und Kommentare zum Daodejing sehr unterschiedlich sind.[3] Das man sich wissenschaftlich mit diesem Text beschäftigen kann, auch ohne Sinologie Studium, weil es keinen allgemeinen Standard gibt, der aussagt wie genau nun was benannt sein muss. Es gab auch einen Dozenten (Dr. der Philosophie, Studium der Japanologie) der meinte, um über TaiChiChuan und Daoismus zu schreiben muss man chinesisch können. Diese beiden Standpunkte zeigen deutlich: es gibt soviel Ansatzpunkte wie es Menschen gibt, was das fließende, nie gleich bleibende genauso betont, wie die Tatsache, dass es "die eine Wahrheit" nicht gibt, sondern nur Ansichten und Verknüpfungen, die ein Bild ergeben, welches mehr über den Ist-Zustand aussagt als über eine immer gleiche Sache. Das Paradox ist die Sache selbst: Sie ist immer gleich, indem sie sich wandelt.

Mir erscheinen die verschiedenen Übersetzungen als Beschreibungen dessen, was die Übersetzer darin sehen; während sie versuchen sich der nicht sagbaren Sache, dem Sein und der dieser innewohnenden stetigen Transformation anzunähern.

Die folgenden Ausschnitte aus dem Daodejing  zeigen Beispielhaft, wie vielfältig und unterschiedlich die Übersetzung und damit mediale Deutung einzelner Kapitel ist. Um den Lesefluss nicht stören sind die Quellenangaben unten angehängt.
[1] Da die chinesische Schrift eine Bilderschrift ist, werden die Zeichen unterschiedlich transkribiert. So wird Daoismus auch Taoismus geschrieben und auch für Tai Chi Chuan gibt es verschiedene Schreibweisen- welche die gleiche Sache bezeichnen.

[2] Das daoistische Symbolzeichen des Ying-Yang versinnbildlicht die Bewegung und Wandlung, als auch die Struktur der Energie, die den Keim einer anderen, neuen Qualität beinhaltet.

[3] Das hängt ebenfalls, meine ich, mit der bildsprachlichen Verschriftlichung  zusammen.

aus Kap.1

Dào kě dào,

fēi cháng dào.

míng kě míng,

fēi cháng  míng.

Dao können sagen,

nicht dass beständig Dao. 

Name können Name,

nicht das beständig Name.

➔ 2

aus Kap. 1

The Tao that can be told is not the eternal Tao;

The name that can be named is not the eternal name.

The nameless ist the beginning of heaven and earth.

The named ist the mother of thausand things.

 

übersetzt von Gia - Fu Feng und Jane Englisch➔ 5

aus Kap. 1

Das Tao, das enthüllt werden kann, ist nicht das ewige Tao.

Der Name, der genannt werden kann, ist nicht der ewige Name.

übersetzt von Gia - Fu Feng und Jane Englisch/ deutsch von Sylvia Luetjohann ➔ 4 

aus Kap. 1

Das Tao den Leuten

kann man nicht deuten

Ewiges zu sagen

ist nutzloses Jagen

nach dem englischen Text von Gia - Fu Feng (siehe unter unter ➔ 5), bersetzt und gereimt von Gottfried Munckler ➔ 7


aus Kap.1

 Über das Dao sprechen, ist möglich

doch nicht als dauerhaft bleibendes Dao

einen Namen nennen, ist möglich

doch nicht als dauerhaft bleibenden Namen

übersetzt von Viktor Kalinke  ➔ 1

 

aus Kap.1

Dao- kann es ausgesagt werden,

ist nicht das beständige Dao.

Der Begriff, kann er definiert werden,

ist nicht der beständige Begriff.

übersetzt von Rainald Simon ➔ 2

aus Kap. 1

Der Sinn, den man ersinnen kann,

ist nicht der ewige Sinn.

Der Name, den man nennen kann, 

ist nicht der ewige Name.

übersetzt von Richard Wilhelm ➔ 3

aus Kap.1

Way-making (dao) that can be put into words is not really way-making,

And naming (ming) that can assign fixed reference to things is not really naming.

übersetzt von Roger Ames und James Hall

➔ 6


aus Kap. 2

Tiān xià

jiē zhī mĕi zhī wéi mĕi:

sī è yĭ.

jiē  zhī shàn  zhī wéi  shàn,

sī bú shàn yĭ.

Himmel unter alle wissen

schön

wissen gut

die nicht gut wirklich

➔ 2

 

Kap. 2

In der Welt weiß jeder was das Schöne ausmacht:

Wahrlich, dies ist das Häßliche.

Jeder weiß, was die Güte des Guten ausmacht:

Wahrlich, es ist das Ungute.

 

Deshalb bringen sich Sein und Nicht-Sein wechselseitig hervor,

vollenden sich Schwer und Leicht wechselseitig,

gestalten sich Lang und Kurz wechselseitig,

messen sich Oben und Unten wechselseitig,

passen sich Tonhöhe und Klangfarbe wechselseitig an,

bestimmen vorne und hinten ihre Reihenfolge wechselseitig.

 

Aus diesem Grund beschäftigt sich der Vollkommene

mit Angelegenheiten des Nicht-Eingreifens

und führt die Lehre des Nicht-redens aus.

Was die zehntausend Dinge angeht, so handelt er in ihnen und äussert sich nicht.

Sie entstehen, doch er will sie nicht in Besitz nehmen.

Er handelt, doch er stützt er sich nicht darauf.

Er vollendet seine Leistungen, doch bleibt er nicht [dabei].

Nur wenn er nicht da stehen bleibt,

entfernt er sich gerade dadurch nicht.

 

übersetzt von Rainald Simon ➔ 2

 Kap. 2

Auf der Erde zu erkennen, dass Schönes schön ist, bedeutet,
dass das Üble dann schon zu einem Ende gekommen ist.
Zu erkennen, dass das Gute gut ist, bedeutet, dass das Schlechte schon überwunden ist.
Vorhandensein und Nichtvorhandensein bedingen sich gegenseitig; Schwer und Leicht entstehen gegenseitig;
Lang und kurz formieren sich im Verhältnis zueinander;
Hoch und niedrig überwinden sich gegenseitig;
Ton und Laut harmonieren gegenseitig;
Vorne und hinten folgen aufeinander.
Die Heiligen lebten in dem Nicht-Handeln der Dinge;
zu unterweisen ohne Sprache
11;
wie können dann die Zehntausend Dinge
12 nicht verschwinden? Hervorbringen und nicht vorhanden sein bedeutet unabhängig zu sein; Angriff beinhaltet jedoch Nichtsesshaftigkeit 13.
Der Weise ist ständig ruhelos
14, indem er das Nichts
nicht vergehen lässt
15.

 

  1. 11UnterweisungdurchdaseigeneBeispielderLebensführung(stilleVorbildfunktion).

  2. 12  Wanwu „alles Erschaffene, Existierende”.

  3. 13  Eigentlich „Ruhelosigkeit”.

  4. 14  Hier ist das ständige Bestreben des Weisen, dem Prinzip des Nicht-Handelns zu folgen, ge- meint, von dem in der folgenden Zeile die Rede ist.

  5. 15  M.a.W.: ständig folgt der Weise dem Prinzip des Nicht-Handelns. 

übersetzt von Muhammad Wolfgang G. A. Schmidt ➔ 8

 

 

 

Kap. 2

Unterm Himmel erkennen alle das Schöne als schön

daher das häßliche

erkennen alle das Gute als gut

daher das Üble

 

Denn:

Seiendes und Nichtseiendes bringen einander hervor

Schwer und leicht verwandeln sich ineinander

Lang und Kurz formen einander

Hoch und Tief füllen einander

Ton und Klang harmonieren miteinander

Vorher und Nachher folgen einander

 

So regelt der Weise

ohne handelnd einzugreifen, die Angelegenheiten

führt ohne Worte Lehre aus

Die zahllosen Dinge gedeihen, doch er verläßt sie nicht

er bringt hervor, aber er besitzt nicht

greift handelnd ein, doch ist nicht unersetzlich

vollendet sein Werk und beansprucht es nicht

 

Nur indem er nichts beansprucht

verliert er nichts

 

übersetzt von Viktor Kalinke  ➔ 1


Kap. 26

die ersten 2 Zeilen

Schwere ist die Wurzel des Leichten,

die Ruhe ist der Herr der Bewegung.

übersetzt von Rainald Simon ➔ 2

Kap. 26

das Schwere ist Wurzel des Leichten;

Die Ruhe ist Herr der Unrast

 

Daher lässt der Weise, tagsüber wandernd,

Sein Gepäck nicht aus den Augen.

Selbst wenn es wunderschöne Dinge zu sehen gibt,

Bleibt er unberührt und gelassen.

 

Warum sollte der Herr über zehntausend Wagen leichtfertig

vor aller Welt handeln?

Leichtfertig sein meint, die eigene Wurzel verlieren.

Rastlos sein meint, die Herrschaft über sich selbst verlieren.

übersetzt von Gia - Fu Feng und Jane Englisch/ deutsch von Sylvia Luetjohann ➔ 4

Kap. 26

die ersten 2 Zeilen

Schwere ist Wurzel des Leichten

Ruhe ist des Erregten/Bewegten Herr

übersetzt von Viktor Kalinke  ➔ 1


Kap. 64.

 Was fest ist, lässt sich leicht halten;       was noch nicht durch ein Omen angezeigt wird,

darüber lässt sich leicht spekulieren;

was fragil ist, löst sich leicht auf

und was winzig ist, verteilt sich leicht.

 

Eingreifen muss man, solange etwas noch nicht vorhanden ist.

Regeln muss man, bevor noch Chaos entsteht.

 

Ein nur von meheren zu umfassender baum

wächst aus etwas winzigem,

eine neunstufige Terasse

erhebt sich auf einem ersten erdhaufen,

ein Marsch von tausend Meilen

beginnt mit dem ersten Schritt.

Derjenige, der eingreift, erleidet damit eine Niederlage,

derjenige, der an etwas festhält, verliert es.

 

deshalb greift der vollkommene Mensch nicht ein

und erleidet deshalb keine Niederlage;

hält er nichts fest und lässt deshalb nichts aus den Händen gleiten.

 

Wenn das Volk Lenkungsaufgaben verfolgt,

ist es oft nahe an deren Vollendung, und doch erleidet es Niederlagen.

übersetzt von Rainald Simon ➔ 2

 

 

 

Kap. 64.

Achtung aufs Geringe

Was noch in Ruhe ist, kann man leicht behandeln.
Was noch unentschieden ist, kann man leicht bedenken.
Was noch saftig ist, kann man leicht brechen.
Was noch winzig ist, kann man leicht zerstreuen.
Man muß wirken auf das, was noch nicht da ist.
Man muß ordnen, was noch nicht in Verwirrung ist.
Ein Baum von zwei Klafter Umfang wächst aus einem haarfeinen Sprößling.

Ein Turm von neun Stockwerken entsteht aus einem Erdhaufen.
Eine Reise von tausend Meilen beginnt mit dem ersten Schritt.
Wer handelt, verdirbt es.
Wer festhält, verliert es.

 

Also auch der Berufene:
Er handelt nicht, so verdirbt er nichts.
Er hält nicht fest, so verliert er nichts.
Die Leute gehen an ihre Sachen:
Und immer wenn sie fast fertig sind,
so verderben sie es.
Das Ende ebenso in Acht nehmen wie den Anfang:

Dann gibt es keine verdorbenen Sachen.

Also auch der Berufene:

 

Er wünscht Wunschlosigkeit.
Er hält nicht wert schwer zu erlangende Güter.
Er lernt das Nichtlernen.
Er wendet sich zu dem zurück, an dem die Menge vorübergeht.

Dadurch fördert er den natürlichen Lauf der Dinge.
Und wagt nicht zu handeln.

 übersetzt von  Richard Wilhelm  ➔ 3

Kap. 64

 

Was ruht, ist leicht zu halten

Was nicht begonnen hat, ist leicht zu planen

Was spröde ist, läßt sich leicht brechen

Was klein ist, läßt sich leicht verstreuen

 

Handle, solange es nocht nicht da ist

ordne, solange es noch nicht wirr ist

 

Der kaum zu umfassende Baum

wächst aus einem zartem Keim

Der neunstöckige Turm

entsteht aus einem Häufchen Erde

Die Reise von 1000 Meilen

beginnt unter deinem Fuß

 

Wer eingreift, verdirbt es

wer festhält, verliert es

Indem der Weise nicht eingreift

verdirbt er nichts

indem er nichts festhält

verliert er nichts

 

Kümmert sich das Volk

um seine Angelegenheiten

vollendet es sie gewöhnlich beinahe

dann verdirbt es sie

 

Wer dem Ende Sorgfalt widmet wie dem Anfang

verdirbt seine Sache nicht

Indem der Weise

nicht zu streben, anstrebt

schwer zu erlangende Güter nicht schätzt

nicht zu lernen, erlernt

kehrt er zurück zu den Dingen

an denen die Menge vorüber geht

 

Damit er den zahllosen Dingen hilft

sich von selbst zu entwickeln

wagt er es nicht einzugreifen

 übersetzt von Viktor Kalinke  ➔ 1

 


Quellen:

Pfeil und Nummer finden sich entsprechend unter den jeweiligen Textzeilen.

➔ 1. Laozi, Daodejing, Band1, Viktor Kalinke, Hrg. ders., Leibziger Literaturverlag, 2009.

➔ 2. Laozi, Daodejing, chinesisch/deutsch, Rainald Simon, Hrg. ders., Phillip Reclam jun. GmbH&Co, Stuttgart, 2009.

➔ 3 Laotse, Tao te king, Richard Willhelm, Anaconda Verlag GmbH, Köln, 2010.

➔ 4  Lao Tse, Tao te king, Gia - Fu Feng und Jane Englisch/ deutsch von Sylvia Luetjohann, heinrich Hugendubel Verlag, München, 1984.

➔ 5 Lao Tsu, Tao te ching, translated by Gia-Fu Feng and Jane English, Vintage Books, New York, 1972/1997.

➔6 Daodejing - a philosophical translation, Roger Ames und David Hall, New York, 2003.

➔ 7 Die Übersetzung von Gottfried Munkler ist eine private Übersetzung, von der er mir einen Abdruck schenkte.

➔ 8 Laozi Daodejing oder der Klassiker vom Dao und vom De, Mohammad Wolfgang G.A. Schmidt, Hrg. ders., Viademica.Verlag Berlin.

 

Über das Sein

Hoch am Himmel -     leere Weite -     sitzt bunt der Pfau.  Wasserfarbe auf Karton, 2021
Hoch am Himmel - leere Weite - sitzt bunt der Pfau. Wasserfarbe auf Karton, 2021

Zhuang Zi

Als ich im 3. Semester meines Studiums war sagte Toyo, mein lieber Lehrer und Freund, zu mir: You think too much, your Tai Chi suffers. Better you take your sword with the university and try to compensate thinking with doing Tai Chi.

Der folgende Text zeigt beispielhaft, wie der Daoismus die Fokussierung auf  Sprache und Intellekt einordnet und wie grundlegend es ist, trotz der menschlichen Eigenschaft die Dinge zu unterscheiden und einzuordnen, nicht in Klassifizierungssystemen festzustecken, sondern die Dinge immer neu erfahrend zu betrachten; seiend zu sein.

 

Begriff und Sein

Nun gibt es noch eine Theorie. Ich weiß nicht, ob sie mit den eben genannten von derselben Art ist oder nicht. Aber einerlei, ob sie von derselben Art ist oder nicht, sie ist eine Theorie neben andern und daher von jenen andern nicht verschieden. Wie dem auch sei, wir wollen versuchen, sie auszusprechen.

Gibt es einen Anfang, so gibt es auch eine Zeit, da dieser Anfang noch nicht war, und weiterhin eine Zeit, die der Zeit, da dieser Anfang noch nicht war, vorangeht. Gibt es Sein, so geht ihm das Nicht-Sein voran, und diesem Nicht-Sein geht eine Zeit voran, da auch das Nicht-Sein noch nicht angefangen hatte, und weiterhin eine Zeit, da der Nicht-Anfang des Nicht-Seins noch nicht angefangen hatte. Unvermittelt tritt nun das Nicht-Sein in die Existenz, ohne daß man sagen könnte, ob dieses Sein des Nicht-Seins dem Sein zuzurechnen ist oder dem Nicht-Sein. Nun habe ich aber einen Ausdruck dafür, ohne daß man sagen könnte, ob das, was ich damit ausdrücke, in Wahrheit einen Sinn hat oder keinen Sinn hat. Hierher gehören jene Aussprüche wie: »Auf der ganzen Welt gibt es nichts Größeres als die Spitze eines Flaumhaares« und: »Der Große Berg ist klein«. »Es gibt nichts, das ein höheres Alter hätte als ein totgeborenes Kind« und: »Der alte Großvater Pong (der seine sechshundert Jahre gelebt hat) ist in frühester Jugend gestorben«. Himmel und Erde entstehen mit mir zugleich, und alle Dinge sind mit mir eins. Da sie nun Eins sind, kann es nicht noch außerdem ein Wort dafür geben; da sie aber andererseits als Eins bezeichnet werden, so muß es noch außerdem ein Wort dafür geben. Das Eine und das Wort sind zwei; zwei und eins sind drei. Von da kann man fortmachen, daß auch der geschickteste Rechner nicht folgen kann, wieviel weniger die Masse der Menschen! Wenn man nun schon vom Nicht-Sein aus das Sein erreicht bis zu drei, wohin kommt man dann erst, wenn man vom Sein aus das Sein erreichen will! Man erreicht nichts damit. Darum genug davon!“

 

Auszug aus: Zhuang Zi. „Das wahre Buch vom südlichen Blütenland.“,  übersetzt von Richard Wilhelm,  Anaconda Verlag GmbH, Köln, 2011.

Dem Geborenen ist der Tod gewiss, dem Gestorbenen die Geburt; 

drum darfst du über eine unvermeidliche Sache keine Trauer empfinden. 

(Bhagavadgita 6.Buch)

 

Der ewige Wandel

So, wie Sie hier und jetzt sind, sind Sie einzigartig. 

Sie sind niemals derselbe [Mensch].

Sie werden niemals derselbe [Mensch] sein. 

Das, was Sie jetzt sind, sind Sie niemals zuvor gewesen.

Und Sie werden es nie wieder sein.

Swami Prajnanpad

aus: "Die Weisheit Indiens Tag für Tag"  von Danielle und Olivier Föllmi, Knesebeck Verlag

Übungen

Entspanne deine Zellen.

Stelle dich aufrecht und mit schulterbreit auseinander stehenden Füßen hin. Stell dir vor du sitzt auf einem Barhocker, also lasse deinen Steiß etwas gerade nach unten sinken. Spüre wie sich dein unterer Rücken streckt. Stell dir vor deine Fontanelle geht hoch zum Himmel und dein Kinn ganz sanft ein kleines bißchen zur Brust. Spüre wie sich deine Halswirbelsäule streckt. Gehe jetzt zu deinem Unterbauch und fühle wie er ein - und ausatmet, sanft, stetig, entspanne dich dabei und genieße das Gefühl jetzt in diesem Augenblick bei dir sein zu können, im hier und jetzt. Wenn deine Gedanken anfangen zu wandern atme ein und bringe sie freundlich zu dir zurück.

Hebe jetzt ganz langsam deine entspannten Hände und Arme seitwärts hoch ohne dabei die Schulter zu heben, so dass sie sich über deinem Kopf befinden. Deine Handflächen schauen zum Kopf. Bringe deine Hände noch etwas näher zum Kopf, bis kurz vor die Schädeldecke. Stelle dir vor es kommt Wärme und Licht, sanfte Energie, aus deinen Händen und strahlt in deinen Kopf. Die Energie macht die Zwischenräume zwischen deinen Zellen weich, ein Gefühl so als würde Butter schmelzen oder ähnliches. Alle Zellen entspannen sich: erst das Gehirn, dann der ganze Kopf, weiter zum Hals, Schultern, innere Organe, Muskeln usw. Scanne so deinen gesamten Körper von oben nach unten durch. 

Wenn du damit fertig bist nehme die Hände sanft und entspannt wieder nach unten, atme tief ein, breite dann die Arme weit aus, atme aus und lächele dir zu. 


Mit Achtsamkeit dem Stress begegnen

1)Stehen

Stelle dich gerade hin, das Gewicht auf beide Füße gleichmäßig verteilt, entspanne deine Knie indem du sie leicht beugst, entspanne deinen unteren Rücken indem du deinen Steiß fallen lässt (als wolltest du dich auf einen Barhocker setzen). lasse deine Schultern, Arme, Ellbogen, Hände fallen, hebe deine Fontanelle zum Himmel, entspanne deinen Bauch, lächle😊

 

2) Wenn dir Gedanken kommen, die dich stressen empfange sie sanft und sage gedanklich "Gedanken", denn das sind sie im Augenblick, mehr nicht und lasse sie ziehen 😊


Diese folgenden drei schönen und einfachen Übungen sind aus : The Shaolin monstery  von Meir Shahar, University of Hawaiì Press, 2008.

 

The Head: 

1.- Close the ears with the hands, let the index finger fold itself on the middle one and thrum the two bones at the back of the skull with the index finger to make them sound. This is called sounding the “heavenly drum.” Note: This is to remove the harmful air from the “wind pool” acupuncture opening in the region of the mastoid. 

2. – Twist the neck with the hands and glance back to the right and left and at the same time rotate the shoulders and arms twenty-four times each—to remove the obstructed air in the stomach and spleen. 

3. – Interlock the hands and grasp the back of the neck, then look upwards and let the hands wrestle with the neck—to remove pain of the shoulders and indistinctness of vision.

 

The Face:

Rub the hands until hot, then rub the face with them, high and low, all over, no spot to be left un-rubbed; then spit on the palms and rub them warm and apply them several times to the face. While rubbing, the breath, by the mouth and nose, is to be closed. The aim of this exercise is to brighten the countenance. The more you rub the better the color. This is the cure for wrinkles; with this action you will have none.

 

The Ear:

1. – Place the hands over the ears, then rub them right and left and up and down several times. This is to hear distinctly and prevent deafness. 2. – Sit level on the ground with one leg bent and the other extended. Stretch forth the arms horizontally with the hands perpendicularly towards the front as if pushing a door, and twist the head 7 times to each side, to cure ringing in the ears.4

4. Dudgeon, “Kung­fu or Medical Gymnastics,” pp. 521–522 (slightly revised); the original is Neigong tushuo, pp. 21–27. Dudgeon probably worked on an earlier edi­ tion of the same exercises: Pan Weiru’s Weisheng yaoshu (1858). See Dudgeon, “Kung­ fu or Medical Gymnastics,” p. 503.

 


 

 Die Zeichnung zeigt eine Stehübung: man kann sich in die Haltung einüben durch das verweilen darin. Sie ist etwas abgewandelt in der Tai Chi-Form der Übergang von der Peitsche zu anderen Bewegungen. Bei diesem Bild kann man gut sehen wie der Körper mit dem Geist eine fließende Balance eingeht. Die Linien sind klar, der Mensch steht aufrecht; er schaut entspannt in die Richtung, die die Körperdynamik vorgibt. Er ist  fokussiert  und durch die Gewichtsverteilung in der Lage schnell zu reagieren.


Auswirkungen von Stress

°Stress wirkt sich negativ auf den Körper aus. es kommt zu erhöhter Adrenalinausschüttung und erhöhtem Blutdruck. Das kann zu Herzerkrankungen, Kopfschmerzen und Magen-Darmgeschwüren führen.

°Die Psyche leidet unter Stress: Ermüdung, Frustation, Schlaflosigkeit und Anspannung können bis zum sozialen Rückzug und in eine Depression führen.

°Das persönliche Verhalten wird ebenfalls durch Stress verändert. Die individuelle Leistungsfähigkeit lässt nach, die Fehler häufen sich, man wird vergesslicher und unflexibel. Daraus entstehen Enttäuschung und Frustation, der Mensch kann Suchtsymptome entwickeln (Nikotin, Alkohol und andere Drogen).


°Langfristig ändert sich das Sozialverhalten: Konflikte eskalieren, der Betroffene reagiert aggresiv oder tritt frustriert den Rückzug an.